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Selbstfürsorge

Gewalt ist allgegenwärtig.

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Wenn wir an Gewalt denken, dann meist erst mal an körperliche Gewalt. An Menschen, die verprügelt und misshandelt werden, die sichtbare Verletzungen davon tragen. Psychische und strukturelle Gewalt kommt uns erst spät in den Sinn. Und auch all die Tiere, die täglich rund um uns herum (oft sogar gesellschaftlich akzeptierter) massiver Gewalt ausgesetzt sind, fallen uns, wenn überhaupt, erst sehr spät ein.

Dabei ist auch diese Gewalt allgegenwärtig, alltäglich und für uns beinah normal. Jeden Tag übt fast jeder von uns Gewalt aus und erfährt Gewalt, nur selten kommt es soweit, dass wir unser Verhalten, unsere Handlungen und all das Gesagte überhaupt reflektieren. Nicht zuletzt, weil „Gewalt“ zumeist eben die oben genannte Form meint. Tatsächlich gibt es keine klare, abgegrenzte und allgemeingültige Definition zu dem Begriff „Gewalt“. Meist geht es eher um subjektive Empfindungen und „Abhandlungen“ Einzelner.

Was Gewalt für mich bedeutet

Für mich beginnt Gewalt in dem Moment, in dem ich über Druck versuche, bei meinem Gegenüber Verhaltensweisen zu erzeugen, zu unterdrücken oder zu verändern. Völlig egal, welche Form der Überlegenheit (z.B. körperliche oder geistige) ich versuche zu nutzen, um mein persönliches Ziel zu erreichen. Wenn es nur um meine Bedürfnisse geht und ich das Lebewesen vor mir, egal ob Mensch oder Tier, nicht als gleichwertig wahrnehme.

Und auch in der Sprache beginnt Gewalt genau so. Nicht erst bei klarer, sprachlicher Entgleisung durch Beleidigungen, sondern schon viel früher. So ist Schweigen  bereits eine Form von Gewalt. Ignoranz. Ausgrenzung. Abgrenzung. Druck.

Gewalt an Tieren

Mich beschäftigt das Thema seit ich 2013 das erste Mal auf dem Begegnungshof in der Espe an einem Workshop zum Thema achtsame Tierbegegnungen teilnahm und einen (gewaltfreien) Umgang mit Tieren kennen lernte, der mir bis dahin absolut fremd war. Früher galt für mich, etwas überspitzt formuliert: Haustiere müssen gehorchen und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt.

Es war zwar immer eine „subtile Form“ der Gewalt, die mein Umfeld und ich unseren Haustieren gegenüber brachten, aber es war Gewalt. Anschreien, mit Sachen werfen, ignorieren, erschrecken, an der Leine rucken, auf den Rücken werfen, im Nacken packen, wegschubsen, mit Wasser anspritzen oder sonst irgendwie bestrafen (…). Es wurde gleich relativiert damit, dass es nicht weh tut und man ja zeigen muss, wer der Chef ist. Das Tier soll gefälligst folgen. Nicht wegen der Leckerlis, sondern weil ich das so will!

Durch den Umgang mit Tieren, den Lexa Voss mir zeigte, wurde mir zum ersten Mal überhaupt bewusst, wie normal mein damaliger Umgang mit Tieren für mich war. Wenn andere ihre Tiere seltsam behandelten, bemerkte ich es immer sofort, aber ich war nicht in der Lage mein eigenes Verhalten zu reflektieren.

Dieser Workshop veränderte mein gesamtes Weltbild. Nicht von heute auf morgen, aber kontinuierlich. Immer häufiger bemerkte ich, wie unfassbar normal Gewalt an Tieren im Alltag ist. In Zoos, in Tierhandlungen, im Zirkus, im Reitsport, in Hundeschulen, im Umgang mit sogenannten „Nutztieren“.

Es ist normal für uns, Tiere durch Druck zu erziehen oder sie zu zwingen, gewisse Dinge für uns zu tun. Es ist normal, Tiere in viel zu engen Käfigen und unter völlig falschen Bedingungen zu halten. Und es ist auch normal, dass andere für uns Tiere töten, damit wir sie essen können. Auch hier fängt es im vermeintlich „kleinen“ Rahmen an: das Kaninchen, das zu Hause im Stall allein gehalten wird, aber ja jeden Tag durch die Wohnung hoppeln darf. Der Eisbär, der Tag ein, Tag aus, in seinem Gehege im Zoo verbringt.. Das Pferd, das mit Gerte und Sporen „zugeritten“ wird. Die Kuh, der immer und immer wieder die Kälber genommen werden, damit sie Milch produziert. Der Hund, der mit einer geworfenen Leine oder einem Schlüsselbund „erzogen“ wird. Die Katze, die ausgesperrt wird. Die Ponys, die beim Ponyreiten auf dem Kinderfest im Kreis „bewegt werden“.

Es ist leichter, Druck auszuüben und Gewalt anzuwenden, als sich kreativ, empathisch, geduldig und liebevoll, in ständiger Selbstreflexion und mit viel Zeit dem Tier auf respektvolle Art und Weise zu nähern, um es sanft zu einem Partner werden zu lassen. Und doch ist es nicht richtig.

Gewalt durch Sprache

Dass unsere Kommunikation voller Gewalt ist, ist mir 2015 bewusst geworden, als ich das Buch „Gewaltfreie Kommunikation*“ las. Wir sind es gewohnt, andere für unsere Gefühle verantwortlich zu machen. Es ist völlig normal zu sagen: „Ich fühle mich schlecht/habe ein Problem, weil x dieses oder jenes macht/sagt/ist.“ und daraus zu folgern, dass unser Gegenüber sich ändern muss, damit es uns besser geht.

Sprachliche Gewalt beginnt mit dem Schweigen. Ich kenn es z.B. von früher, dass man mich mit Ignoranz gestraft hat, wenn ich etwas Falsches gemacht habe und so nur das Nötigste mit mir sprach. Für mich war die Ingoranz meiner Eltern oder Großeltern eine der schmerzhaftesten Bestrafungen überhaupt. Insbesondere dann, wenn mit meinem kleineren Bruder normal umgegangen wurde.

Und es geht weiter mit abwertenden Äußerungen („Hast du schon wieder zugenommen/abgenommen?“ „Wie siehst du denn wieder aus?“), verletzende Vergleiche („Die kann das wenigstens!“ oder „Sei doch mal so wie xyz“ ), Zynismus und Ironie, herablassende Kommentare oder destruktive Kritik („Das schaffst du nie!“), Vorwürfe und nicht ernst genommen werden durch ein unbedachtes „Das bildest du dir nur ein“ oder „Ach komm, stell dich nicht so an“, aber natürlich auch mit offensichtlichen Beleidigungen.

Ich z.B. war jemand, der seine Unzufriedenheit und Unzulänglichkeit im Alltag versuchte, durch Fäkalsprache zu kompensieren. Ich habe alles und jeden beleidigt. Immer und immer wieder schlecht gemacht, schlecht geredet oder ins Lächerliche gezogen. Auch jetzt merke ich hin und wieder noch den Impuls, Dinge die ich nicht verstehe oder nicht so sehe mit besonders aggressiver Wortwahl oder durch Zynismus und Ironie abzuwerten. In Konflikten gehe ich oft auf die persönlich-verletzende Ebene, wenn ich selbst nicht mehr weiter weiß.

„Du Arschloch/ du Scheißteil bist schuld, und dafür hasse ich dich.“ ist leichter gesagt, als die eigene Schwäche, die eigenen Probleme zu reflektieren, einzugestehen und anzugehen. Und doch ist es nicht richtig.

Gewalt gegen uns selbst

Ein Punkt, der mir erst in den letzten Monaten wirklich bewusst geworden ist. Denn auch hier denkt man erst mal an offensichtliche Selbstverletzungen. An das Ritzen, an Bulimie, Binge Eating & Co. Was aber ist mit unseren Gedanken und unserem Verhalten? Mit dem fehlenden Selbstmitgefühl. Mit der ständigen Be- und Verurteilung unseres Ichs. Wie oft stehen wir vor dem Spiegel und denken: „Mein Gott, wie hässlich du bist.“ Wie oft machen wir uns für unsere Fehler selbst nieder? Wie oft reden wir uns ein, dass wir es nicht schaffen? Dass wir dumm, wertlos, ungeliebt, unattraktiv, unangenehm (…) sind?

Neben den Büchern von Rosenberg zum Thema „Gewaltfreie Kommunikation*“ hat mir in direktem Bezug zum Umgang mit mir selbst vor allem auch das Buch „Selbstmitgefühl*“ die Augen geöffnet. Ein liebevoller, wertschätzender Umgang mit mir selbst fällt mir persönlich am schwersten und scheint für mich die größte Hürde zu sein.

Kulturelle und strukturelle Gewalt

Auch diese Formen der Gewalt kennen wir eigentlich alle, nehmen sie aber nur selten richtig bewusst wahr. Ein Mord, der für das Wohl der Gesellschaft verübt wurde, ist moralisch vermeintlich richtig, wenn er aus individuellen Motiven geschah, moralisch vermeintlich falsch. Aber auch die Ausgrenzung von Menschen (z.B. Behinderte,  Ausländer, ältere Menschen) fällt unter kulturelle Gewalt. Einen Teil der Menschen für besser, wertvoller, überlegener (…) halten.

Täglich werden Menschen z.B. auf Grund ihrer Herkunft ausgegrenzt und diskriminiert. Mitten in unserer Gesellschaft. Oft sogar systematisch. Unsere gesellschaftlichen Strukturen sind teilweise von Grund auf rassistisch.

Strukturelle Gewalt erleben wir z.B. in ihrer vollen Ausprägung in der Pflege. Dort, wo der Tagesablauf von Pflegebedürftigen durch viel zu starre Regeln und Gesetze festgeschrieben wird und wo sie aufgrund mangelnder Personalschlüssel und Ausstattung mangelhaft gepflegt werden und dadurch ggf. sogar gesundheitliche Schäden erleiden. Aber auch behinderte Menschen sind struktureller Gewalt ausgesetzt. So können viele von Ihnen nicht frei über die Ausgestaltung ihres Alltags, ihre Arbeit oder Freizeit selbst bestimmen. Obwohl sie eine eigene Meinung haben, wird ihnen diese allzu oft nicht zugesprochen.

Gewalt ist allgegenwärtig

Ich habe mich immer als tierlieben, eloquenten, empathischen Menschen bezeichnet, war es 30 Jahre meines Lebens aber nur bedingt. Viele meiner eigenen Probleme habe ich auf andere projiziert, oft sogar in ihnen manifestiert <- eine Form von Gewalt. Wie schockierend es erst mal ist, zu bemerken, dass auch diese Formen der Gewalt irgendwie allgegenwärtig und normal sind.

Schwierig war bzw. IST in diesem Zusammenhang die Reflexion meines eigenes Verhaltens. In vielen Bereichen hat das schon zu einem Umdenken und den ersten Konsequenzen geführt (z.B. in Bezug auf die Umstellung auf eine pflanzliche Ernährung, mein Verzicht auf den Besuch von Zoos, den Kauf von Tieren im Internet oder in Tierhandlungen, und auf das Erlernen der gewaltfreien Kommunikation), aber ich halte den achtsameren Umgang mit allen Lebewesen, der Umwelt und vor allem auch mit mir selbst, für eine Lebensaufgabe.

Wie immer geht es mir darum, zu inspirieren und zum Nachdenken anzuregen. Das hier ist meine Meinung, die auf meinen Erfahrungen und Erlebnissen basiert. Ich halte eine Welt in Frieden für eine Utopie und doch glaube ich auch daran, dass jeder es für sich und in seiner Welt, ein Stück friedlicher machen kann, wenn er denn möchte.


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3 Antworten auf „Gewalt ist allgegenwärtig.“

Wieder mal ein Artikel, der sehr zum Nachdenken anregt. Bestimmte Dinge habe ich bereits komplett aus unserem Leben gestrichen wie Zirkus. Zoo finde ich wiederum so eine Grauzone weil dadurch auch, vom aussterben bedrohte Tiere, geschützt werden. Wenn diecZoos gut sind und die Tiere Rückzugsorte haben… Es gibt so viel, wo ich auf jeden Fall noch etwas verbessern kann. Danke für den Denkanstoß.

Danke für deinen Kommentar. Wegen der Zoos und der Arterhaltung gebe ich dir in Bezug auf den Gedanken Recht, letzten Endes ist es aber keine echte Arterhaltung (hier ist das gut beschrieben: https://www.peta.de/zoo-hintergrund) . Ich fänd’s super, wenn die Zoos wirklich gut aufgebaut wären und im Fokus nicht die Präsentation der Tiere, sondern die wahrhafte Arterhaltung stünde.

Insgesamt echt sehr komplexe Themen, wo es viel Für und Wider gibt und wo ich mich selbst auch immer wieder zum Nachdenken anstoße :-))

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